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Arena Milbertshofen 2002

Info
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Arena Milbertshofen

Geladener Wettbewerb,
Kunst am Bau
Bürgerzentrum Milbertshofen
2002

 

Die kulturelle Geste:

Ohne die Entstehung des griechischen Dramas und des Amphitheaters als dessen Ort wäre die Polis nicht denkbar: Eine Gemeinschaft mündiger Bürger, die ihre Angelegenheiten selbst verwalten. Am Anfang stand die Erzählung und das Spiel. Die vergemeinschaftlichte und gemeinsam erlebte Erzählung schafft die Grundlage zur Verständigung für alles, was in der Agora zur Politik wird.

Mit dem gestischen Aufgriff der Ursprünge europäischer Kultur verweist die Freie Klasse auf die Bedeutung von gemeinsam gepflegter, geschaffener und erlebter Kultur als Voraussetzung für die lokale Selbstverwaltung des Stadtteils.

Die einzelnen formalen Elemente und ihre Materialsprache konnotieren die Arena für Milbertshofen mit den vielfältigen Aspekten unserer kulturellen Wurzeln in ihrer gesamten Bandbreite, von den darstellenden über die bildenden Künste bis hin zum Sport und den heute in der Erzählung vorrangigen elektronischen Medien.

 

Historischer Bezug

Der Münchner Norden übernimmt besondere Funktionen im Gefüge der Landeshauptstadt: Seine Geschichte und sein Image ist verbunden mit industriellen Infrastrukturen und allgemein als unangenehm eingestuften Nutzungen. Dieses Gesamtbild wurde historisch zum ersten Mal mit dem Bau des Olympia-Geländes auf dem vormaligen Oberwiesenfeld durchbrochen. Die Olympiade 1972 war nicht nur für die bayerische Landeshauptstadt das wichtigste Datum ihrer Nachkriegsgeschichte, sondern veränderte auch das Bild des Münchner Nordens und seines Stadtteils Milbertshofen. Sein internationaler Kontext wurde auch nach außen sichtbar, so wie er es im Innenverhältnis schon immer war: Von seiner global agierenden Industrie her bis hin zu den aus vielen Ländern kommenden Bewohnern, die in diesem Stadtteil Arbeit und Heimat fanden.

Die Arena für Milbertshofen greift das historische Datum erneut auf, indem nicht mehr benötigte Teile des Olympiastadions für seine Realisierung verwendet werden.

 

Alltagskultur und Hochkultur

Die Arena für Milbertshofen umfasst das gesamte neue Areal und verbindet konzeptuell die verschiedenen kulturellen Nutzungen: Die von den Vereinen im Haus gepflegte genauso wie die Freizeitkultur der Jugendlichen Milbertshofens auf dem Bolzplatz bis hin zur Kultur der Straße. Die Arena postuliert so einen offenen Kulturbegriff.

Obwohl eigenständiges Kunstwerk ermöglicht die Arena vielfältige persönliche Aneignungen, ohne in ihrem künstlerischen Ausdruck in irgend einer Weise beschädigt werden zu können. Sie verweist damit auf diskursive zeitgenössische Kunstpraxen.

 

 

Identität für Milbertshofen

Die Arena für Milbertshofen reflektiert die Entstehung von Identität als Prozess und menschliche Alltagsleistung. Identität wird sichtbar als eine Aufgabe immer wieder erneuerter, temporärer Verabredung.

Die Arena für Milbertshofen widerspricht starren, als unverrückbar wahrgenommenen monolithischen Konzepten und respektiert so die Besonderheit Milbertshofens: Ein Viertel der Migration, d.h. des Zu- und Wegzugs. Diese kurze Verweildauer zeichnet zugleich Milbertshofen als einen dynamischen Ort in der urbanen Großstadt aus: Bewegung und Mobilität als Qualität der Moderne und Voraussetzung für die Zukunft.

Auf- und Durchbrüche formulieren eine Einladung zum Dazukommen und Verweilen: Die Arena ist kein geschlossenes Rund, das die Bürger und Bürgerinnen aus- oder eingrenzt. Fragmente und der vielfältige Einsatz der Grundelemente, aus denen die Arena sich zusammensetzt, symbolisieren nicht nur immanente Vielfalt und Unvollständigkeit von Identität in Zeiten multipler Identitäten, sondern markieren auch, dass der Fraktionierung ein gemeinsamer Bogen zu Grunde liegt. Seine Spannung nimmt er aus der Phantasie, die einzelnen Teile jeweils individuell zu verbinden. Diese Suche ist das Angebot einer Marke für die Identität von Milbertshofen.